Ein Kloster mit Weitblick
Der Blick reicht hinüber zum schneebedeckten Mittagskogel, der im Morgenlicht hell leuchtet. Davor schraubt sich gerade ein Greifvogel in die Höhe und unten im Tal fließt die Drau gemächlich in Richtung Schwarzem Meer! Während ich vom Turmfenster im Kloster Wernberg hinausschaue, kommt mir eine wichtige Frage in den Sinn:
Kann ich mein Leben und meine Umgebung gut überblicken, zurück aber auch nach vor schauen? Oder bin ich mitten drinnen im Geschehen, sehe nur was unmittelbar vor mir ist und werde ich mitunter von der Last des Alltags erdrückt, weil ich eben den Blick für die großen Zusammenhänge verloren habe?
Es unumgänglich, sich immer wieder einmal herauszunehmen, um eine Bestandsaufnahme darüber zu machen wo ich gerade bin und wohin ich gehe? Das erfordert einen Überblick! Gerade dafür ist das Kloster Wernberg ein wunderbarer Ort, denn es ist in einem alten Schloss hoch oberhalb der Drau untergebracht. Die Umgebung ist frei und öffnet mir neue Perspektiven!
Der Ort wird nach wie vor von 64 Nonnen bewohnt und betreut. Das Durchschnittsalter der Nonen beträgt bereits 75 Jahre, doch jede hat ihre Aufgabe. Schwester Johanna leitet das Kloster in all seinen Belangen und hat es zu einem Haus der Generationen ausgebaut, in dem Menschen aller Altersgruppen und aus allen Gesellschaftsschichten willkommen sind. So gibt es einen Kindergarten genauso wie ein sehr schönes Gäste- und Bildungshaus.
Schwester Monika, die jüngste der Schwestern, scheint überhaupt immer überall zu sein: sie strahlt eine große Kraft und Lebensfreude aus, die auf alle Menschen überspringt, die ihr begegnen: ob sie nun gerade im Restaurant die Gäste bedient oder Besucher auf dem Pilgerweg rund um das Kloster spirituell begleitet. Ja und da ist noch Schwester Theresia.
Sie ist bereits 93 Jahre alt, doch immer noch in bester Gesundheit. Sie betreut den kleinen Garten rund um ein Kreuz neben dem Kloster. Die älteste Schwester ist bereits 100 Jahre alt und sie teilt aufgrund ihrer Lebenserfahrung die spirituellen Erkenntnisse mit den jüngeren Schwestern. Und eines Morgen fiel mir auf, dass plötzlich vor dem Eingang zum Restaurant einige Blumenbeete erblühten. Da ist wieder eine andere Schwester für die Blumen im Klosterinnenhof zuständig. Alle sprachen davon wie schön doch die Blumen jetzt nach dem langen Winter wären und lobten ihre Arbeit. Jede Schwester hat ihre Aufgabe und bekommt auch die Anerkennung für ihre Dienste. Das scheint einer der Gründe zu sein, warum das Kloster Wernberg ein wahrer Jungbrunnen ist!
Bei einer Fastenauszeit im Kloster Wernberg gelingt es, den Blick für das Wesentliche zu schärfen. Allmorgendlich gibt es eine heilige Messe. Dabei kann man sich spirituell auf den Tag einstimmen.Gleich neben dem Eingang zur Klosterkirche führt auch ein schmaler Weg durch das Wäldchen zur Drau hinunter. Sanft schlagen die kleinen Wellen ans Ufer. Ein kleines Bächlein fließt in die große Drau und die ersten Frühlingsblumen sprießen im Wald. Erwachen und Neubeginn… Stille!
Wer nicht fastet für den werden in der Klosterküche mit viel Liebe und Kreativität köstliche Speisen zubereitet (immer auch ein vegetarisches Gericht und ein herrliches Salatbuffet). Die Lebensmittel tragen zum Wohlbefinden von Körper, Geist und Seele bei. Die Küche basiert auf dem alten Wissen der Klostermedizin, das über Jahrhunderte in den Klöstern Europas gepflegt und weiterentwickelt wurde. Die Klosterschwestern legen großen Wert auf Produkte aus der Natur und aus ihrer eigenen Erzeugung. So bekommen die Gäste das beste aus dem Gemüse- und Kräutergarten, von den Äckern der Klosterlandwirtschaft, von der klösterlichen Imkerei, von den eigenen Hennen und Rindern und der Hofmolkerei. Dazu werden wilde Kräuter und Wildgemüse gereicht, die in Achtsamkeit und Schöpfungsverantwortung von den Schwestern gesammelt werden. Bei dem reichhaltigen Angebot möchte man am liebsten an die Fastenwoche noch eine ganze Woche der Meditation, ausgedehnter Spaziergänge und köstlicher Mahlzeiten anhängen, um das während der Fastenwoche Erlebte und Gefühlte zu festigen und in den Alltag zu integrieren!
Für den täglichen Nachmittagsspaziergang bietet sich der „Abt Pfanner Besinnungsweg“ an, der auf einem Rundweg über die Klosterländereien führt. Am Wegesrand wird der Wanderer von Mediationstafeln inspiriert. Der Ordensgründer Abt Pfanner liefert dafür die Impulszitate.
„Lass das Licht der Freude brennen und hüte es in deiner Seele“, ist eines meiner Lieblingsaussprüche.
Einkehr halten, den Blick auf das Wesentliche schärfen; wieder frei und leicht werden… den Überblick bekommen und eine neue Vision für das Leben spüren! Das alles eröffnet das Kloster Wernberg auf zauberhafte Art und Weise! Ein Zauberort und eine Oase der Ruhe und Stille in unserer bewegten Zeit! Kraft sammeln und wieder Fuß fassen!