Fasten im Wandel der Zeit:Vom religiösen Ritual zur modernen Gesundheitskur

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Die 40-tägige Fastenzeit von Aschermittwoch bis Ostern motiviert viele Menschen, ihren Speiseplan zu reduzieren. Was dabei zu beachten ist und welche Ausschlusskriterien es gibt, erklären zwei Experten. Interviewt wurde dazu auch unsere Co-Vorsitzende Astrid Rericha.

Von Ingrid Teufl

Kein Fleisch, keine Eier, keine Milchprodukte. Dafür Vögel, Biber und Bier. Oder auch nur drei Bissen Brot und drei Schlucke Bier oder Wasser. Die katholischen Fastenregeln des Mittelalters waren streng. Wer heute, während der 40-tägigen Fastenzeit zwischen Aschermittwoch und Karsamstag, strengen Verzicht übt, speist auch nicht gerade üppig.

Nach den längst gelockerten Regeln ist auch nur eine Mahlzeit pro Tag, die einfach und sättigend sein soll, gestattet.

Das religiöse Fasten ist zwar aus der Mode gekommen, das Fasten an sich ist allerdings in den vergangenen 20 Jahren zum Modethema geworden. Und da geht mittlerweile so einiges durch. Vom Verzicht auf Kaffee, Süßigkeiten bis zum Smartphone ist so ziemlich alles dabei.

Bewusste Auszeit für Körper und Geist

Gewandelt haben sich demzufolge auch die Fastengründe. Es geht nicht mehr um Buße, sondern vielfach um bewusste Auszeiten, die man Körper und Geist gönnt. Damit sollen Zellreinigungsprozesse ebenso angeregt werden wie Stoffwechselvorgänge, etwa Blutdruck oder Cholesterinwerte, positiv beeinflussen. Der Organismus kann sich darauf konzentrieren, da er nicht mit der Verarbeitung der Nahrung beschäftigt ist. Studien zeigen unter anderem, dass sich etwa Entzündungsprozesse reduzieren können, und auch das Darmmikrobiom wird harmonisiert.

Fasten ist keine Diät

Astrid Rericha vom Fastennetzwerk „Österreichische Gesellschaft für Gesundheitsförderung“ (ggf) sieht die gesundheitlichen Vorzüge beim kontrollierten – und klar begrenzten – Verzicht auf Nahrung als ein „Anti-Aging-Programm für den ganzen Körper“. Auch wenn bei vielen Fastenwilligen der Wunsch abzunehmen in Vordergrund steht: „Fasten ist keine Diät, es hat einen anderen Sinn.“ Das einige Kilos purzeln, sei zwar mitunter ein positiver Nebeneffekt. „Tatsächlich geht es aber darum, den Körper in dieser Zeit zu entlasten“, betont die diplomierte, ärztlich geprüfte Fastentrainerin.

Fettdepots in der Leber reduzieren

Neuere Erkenntnisse aus der Fastenforschung zeigen aber auch, dass beim Fasten auch Fettgewebe angegriffen wird, betont der Fastenarzt Martin Krizmanits, stellvertretender ärztlicher Leiter im Kurhaus Marienkron im Burgenland. Besonders viszerales Fett, das die Organe umschließt und hormonaktiv ist, sowie die Fettdepots in und um die Leber werden angegriffen. Letztere sind etwa ein Faktor für die Entstehung einer noch immer unterschätzten nichtalkoholischen Fettleber.

Länger als bis zehn Tage soll eine Fastenkur auch  für Gesunde nicht dauern. In dieser Zeit ernährt man sich in einer geführten Vollfasten-Woche (auch bekannt als Heilfasten) ausschließlich von flüssiger Nahrung. „Vitamincocktails und Gemüsebrühen versorgen den Körper dabei mit den notwendigen Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen.“

Gesundheitscheck wird empfohlen

Wesentliches Kriterium ist der Allgemeinzustand der Fastenwilligen. „Wir schauen das speziell bei Erstfastern individuell genau an und empfehlen allenfalls eine ärztliche Kontrolle“, sagt Rericha.  Die deutsche Gesellschaft für Heilfasten rät chronisch Kranken und Menschen mit Dauermedikation zum Fasten unter ärztlicher Betreuung.

Für Fastenarzt Krizmanits sind etwa starkes Übergewicht (Adipositas), Untergewicht, Essstörungen, Schilddrüsenprobleme oder Gallensteine Kontraindikationen.  Bei Diabetes oder Bluthochdruck sei Fasten zwar grundsätzlich möglich, allerdings mit ärztlicher Begleitung. „Da sehen wir bei uns im Haus durchaus Erfolge, dass sich die Werte bessern.“

Auch von kleinen Änderungen profitieren

Wer in der Fastenzeit kein strenges Programm durchziehen will oder sich nicht für Auszeiten freinehmen kann, könne ebenso von kleinen, persönlichen Änderungen profitieren, sagt der Experte. Er empfiehlt etwa, im Alltag Snacks – auch „vermeintlich gesunde“ – und Säfte zwischen den Mahlzeiten (drei pro Tag) wegzulassen. „Das entlastet bereits die Leber.“ Auf Fleisch und Wurst zu verzichten, schütze vor Entzündungsprozessen.

Sogar die Milch im Kaffee einige Wochen weg zu lassen wirke sich positiv aus. Auch die Psyche profitiert von vermeintlich einer Umsetzung. „Die Selbstwirksamkeit dieser Ziele, die man schafft, wird immer unterschätzt.“